Schlagwörter
Je weiter wir nordwestlich fahren, desto grüner wird die Landschaft wieder. Das tut nach den hunderten Kilometern in der nicht enden wollenden Wüste besonders gut. Saftige Wiesen soweit das Auge reicht, auf den Hügeln und weit in die Täler des Zagros-Gebirges hinein. Es herrscht Frühlingsstimmung. Die Kirschbäume blühen weiß und zart rosa, auf den Wiesen blüht der dunkelrote Mohn, gelbe Schlüsselblumen, Raps und weiße Margeriten. Unterwegs sehen wir immer wieder Nomadenfamilien mit ihren Schaf- und Ziegenherden. Auf den entfernten Gipfeln liegt Schnee.
Zwei Tage verbringen wir in dem kleinen Dorf Oraman Takt. Auf dem Weg dorthin erreichen wir die Schneegrenze, dann geht es wieder ein gutes Stück bergab. Das Dorf schmiegt sich an einen Berghang, die Gassen sind teilweise so schmal, dass auf den flachen Dächern der jeweils unteren Häuserreihe gegangen wird. Hinter dem gegenüberliegenden Berg beginnt der Irak.
Iraner_innen lieben Picknick. Und so wird zu jedmöglicher Gelegenheit das Auto vollgepackt und raus aus der Stadt gefahren, oder einfach unterwegs von A nach B angehalten und die Decke neben dem Auto ausgebreitet. Jeder Platz wo das Auto stehen kann ist ein potenzieller Picknickplatz. So sieht man entlang den Straßen, auf den Wiesen, an Bächen und unter schattenspendenden Bäumen, eine Familie nach der anderen beim entspannten schmausen. Die obligatorische Teekanne ist dabei, genauso wie der Gaskocher und oft auch die Wasserpfeife. Das ist sehr nett anzusehen. Leider ist dabei Plastikgeschirr gang und gäbe, und dieses bleibt dann oft an jenen schönen Picknickplätzen zurück. Unter dem Baum, der den Schatten gespendet hat, auf der grünen Wiese, im Bach an dem man saß. Das ist dann weniger schön mit anzusehen.
Unsere letzten Tage im Iran stehen wir am Orumiyeh Lake (Urmiasee), oder zumindest dem was davon noch übrig ist. Der Salzsee, der vor gar nicht all zu langer Zeit noch 10mal die Größe des Bodensees hatte, ist mittlerweile größtenteils ausgetrocknet. Der steigende Wasserbedarf der nahegelegenen Stadt Tabriz und mangelndes Wasser- und Umweltmanagement hinterlassen ihre Spuren…
In einer kleinen Ortschaft biegen wir Richtung See ab, es geht weiter auf schmalen Feldwegen, und als auch diese aufhören, gibt es weitläufig nur noch mannshohes Buschwerk und Gras, das als Weidefläche genutzt wird. Ein alter Schäfer weist uns den Weg durch die Sträucher und Büsche, bis wir vor einer trockenen, weiten, weißen Ebene stehen. Eine beeindruckende Szenerie. Und was für eine Stille. Am entfernten Horizont sieht es so aus als ob es dort Wasser gibt, doch das täuscht. Vor uns liegt eine Salzwüste, die die traurige, wenn nicht minder schöne Hinterlassenschaft des Sees ist. Später gesellt sich der Schäfer zu uns, zu Tee, Datteln und Keksen, immer mit einem Auge bei den Schafen.
Nach zwei Tagen idyllischer Ruhe kommt uns gen Mitternacht die Polizei abholen. Es ist ihnen sehr suspekt, dass wir uns nicht wie andere Touristen in der Stadt aufhalten, sondern hier wo nichts ist, nicht mal mehr ein See. Wir sollen mit zur Polizeistation zur „Security Investigation“. Alles argumentieren hilft nichts. Auf der Wache ist man einigermaßen betreten, dass mitten in der nacht zwei genervte Touris angeschleppt werden, und nach einer kollektiven Passkontrolle in großer Runde und dem üblichen Smalltalk werden wir mal wieder in eine Hotelanlage eskortiert. Das Gebiet wo wir standen wurde kurzerhand zur ‚forbidden area‘ erklärt.
Und so haben wir quasi das Land verlassen, wie wir wir es betreten haben: im Begleitschutz. Trotzdem hatten wir, auch bei der zweiten Durchreise, eine wunderschöne Zeit im Iran, die sowohl landschaftlich als auch atmosphärisch nochmal völlig anders war als die erste. Die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Menschen, denen wir begegneten, war definitiv eine durchgehende Konstante.
An der Grenze müssen wir einen Aufpreis von 40.000 Rial (ca. 1€) pro Liter Diesel, den wir dabei haben und somit „ausführen“, zahlen. Die Kiste ist freilich proppenvoll getankt. Inklusive diverser Kanister haben wir 260 Liter dabei. Aber weil „die Iraner ihre Touristen so lieben“ werden uns nur 50 Liter berechnet. Das ist bei den Dieselpreisen (wir haben je nach Region und Verfügbarkeit zwischen 0,06 € und 0,18 € pro Liter gezahlt) und den gefahrenen 4000 km im Land gut zu verkraften.