Wir sind immernoch in Belutschistan, jedoch auf iranischer Seite. Die 80 km von der Grenze bis zur nächsten Stadt Zahedan eskortierte uns das iranische Militär mit rosa-beigen Flecktarnuniformen. Wieder hieß es alle paar Kilometer anhalten, Daten auf irgendeinen Zettel schreiben, auf die nächste Eskorte warten. Hier wurden uns die Pässe abgenommen und von Eskorte zu Eskorte gereicht. Die 80 km dauern dann mal eben knappe vier Stunden. In Zahedan angekommen brauchten wir eine Mercedes-affine Werkstadt, das obere Federblatt, diesmal auf der rechten Seite, hat die Straßen in Pakistans Wüste nicht überstanden. Da wir uns auch in Zahedan keinen Meter ohne Begleitschutz bewegen durften, lotsten sie uns durch die Stadt zur Werkstatt. Weil es dann schon zu spät war um noch das Werkeln anzufangen zum Hotel, mit der Vereinbarung uns am nächsten morgen um Sieben wieder abzuholen und zu der Werkstatt zu bringen. Um zehn war von der Eskorte immer noch nichts zu sehen. Um elf kamen irgendwelche anderen Jungs, die weder wussten dass wir in die Werkstatt müssen, noch wo diese war, und Kommunikation ging auch nicht wirklich zwecks Mangel an gemeinsamer Sprache. Wir wollten nur noch weg, aber die Pässe waren fest in Hotel- bzw. Polizeihand.
Irgendwann hat sich dann alles aufgelöst, die Federn auf beiden Seiten waren bis zum Abend ausgetauscht, und wir standen wieder im Hotelinnenhof, abfahrbereit für den nächsten Tag.
Ziel war Chabahar, eine Hafenstadt am Golf von Oman. Laut Militär und Auskunft an der Grenze ist die Strecke ohne Eskorte fahrbar, nur bis zum Ende des Stadtbezirkes sollten wir noch begleitet werden.
Wenn man bedenkt, dass wir uns bei unserem ersten Aufenthalt in Zahedan zu fünft mit einem iranischen Fernsehkoch die halbe Nacht in seinem Restaurant und einem Amusement-Park mit Essen, Shisha rauchen und verbotenerweise Wodka und Whiskey um die Ohren schlagen durften, und manch andere Reisende auf dem Weg nach bzw. aus Pakistan kommend, sich komplett ohne Eskorte bewegt haben, erschien der feste Griff in dem wir gehalten wurden manchmal wirklich übertrieben und ein zügiges und unauffälliges Durchqueren solcher Gebiete als sinnvoller. Aber, wie immer wieder betont wurde, sie sind nur da um zu helfen.
Im Hotel trafen wir auf zwei deutsche Libellenforscher, die, man staune, ohne Begleitschutz, aber mit Guide unterwegs waren. Auch sie wollten am nächsten Morgen in Richtung Chabahar aufbrechen, aber die Strecke in Abschnitten fahren. Da es dem Hotel dann wohl doch seltsam vorkam, dass zwei Deutsche mit und zwei ohne Eskorte unterwegs waren, bekamen auch sie für den nächsten Tag eine Polizeieskorte zugeteilt, der wir dann alle folgten. Und so hatten sie sich unverhofft für einen Tag in unseren allmählich einkehrenden Eskortenalltag eingereiht. Für uns eine willkommene Abwechslung. Am Ende des Stadtbezirkes wurden wir und unser aller Pässe dem Militär übergeben, das uns dann doch die gesamten 635 km bis Chabahar begleiten wollte, und ebenso das Forscherteam bei den „Feldbegehungen“. Forschen mit bewaffneter Eskorte gestaltet sich ja eher schwierig. Wie die Libellen das fanden, werden sie uns hoffentlich noch irgendwann berichten..!
Wir fuhren an dem Tag bei Dämmerung noch bis Iranshahr und unsere Pässe wechselten immer wieder die Hände. Erst standen wir auf einem Parkplatz in der Stadt, das war dann wieder nicht sicher genug, und so sollten wir auch hier wieder zu einer Polizeistation folgen. Dort, hundemüde und sehnsuchtsvoll das Bett erwartend, wurden wir vom „Governer of the City“ zum Plausch und Früchteessen eingeladen. Als er sich davon überzeugt hatte, dass wir wirklich in kein Hotel wollten, wurden wir entlassen und haben tatsächlich unsere Pässe wieder bekommen. „Security Problems“ oder irgendwelche weiteren Eskorten kamen ihm gar nicht in den Sinn, alles ist in bester Ordnung.
Unser Wohlbefinden sei hier nur durch die Hitze und die Moskitos gefährdet. Das kriegen wir hin, meinten wir. Puh, Freiheit. Wie fühlt sich das nochmal an?
Der Plan: südlich zum Golf von Oman, einsame Sandstrände finden, schwimmen im arabischen Meer, an der Küste entlang nach Bandar Abbas, am persischen Golf beim Bau der traditionellen Holzschiffe zuschauen, irgendwie die brütende Hitze überstehen, dann wieder nordwärts nach Shiraz und Persepolis.