Wir stehen im Hof einer Werkstatt in Sanandaj, im iranischen Kurdistan unweit der irakischen Grenze, und werden von den Mechanikern wohl umsorgt. Gerade wurde noch eine große Wassermelone reingereicht, yummie. Die Kiste macht ganz schön was mit. Heute, als wir anhielten und den Kühler öffneten, kam eine kochende, schwarze, stinkende Brühe rausgesprudelt. Wir standen mit blutenden Herzen davor und sahen zu. Dann kam ein gewaltiger Windstoß und riss die angelehnte Fahrertür auf. Jetzt ist irgendwas verbogen und sie schliesst nicht mehr richtig. Zehn Kilometer früher hatten wir die Batterie testen lassen, weil es seit Tagen immer morgens wenn der Motor noch kühl ist Probleme beim Anlassen gibt. Diagnose: so gut wie hinüber.

Heute, noch früher, haben wir bei Kermanshar einen der Zwillingsreifen flicken lassen, Loch im Schlauch. Das gleiche Loch mit dem wir gestern schon irgendwo anders beim flicken waren, aber der Flicken fiel wieder ab. Zwei Tage vorher mussten wir morgens einen der Vorderreifen austauschen, die Felge war durchgerostet und der Reifen (ohne Schlauch) verlor Luft. Und am Abend war einer der anderen Zwillingsreifen platt. Reifenwechsel kann ich mittlerweile im Schlaf.

Hier in der Werkstatt wurden nun Zylinderkopfdichtung und Bolzen gewechselt (hatten wir noch dabei), Kühler geöffnet, gespült und wieder verlötet, Keilriemen erneuert, sämtliche Teile gereinigt, die Tür zurecht gebogen, drei Männer eineinhalb Tage damit beschäftigt.

Für die Arbeit durften wir nichts bezahlen, nur für die Arbeitsmaterialien haben wir um die 30 Euro bezahlt. Danach gab’s noch eine Vollreinigung auf dem Nachbargrundstück, wir schleppten wahrscheinlich noch kiloweise Schlamm aus Nepal mit uns rum. Das morgendliche Anlass-Problem konnte mangels Ersatzteil leider nicht behoben werden. Die Batterie ist anscheinend doch in Ordnung.

Nach 21.000 km seit Beginn der Reise in Rosenheim sind all die Reparaturen kein Wunder. Die Hitze der letzten Tage an der Küste taten ihr übriges. Kein Tag unter 40° C im Schatten, Fahrtwind heiß wie ein Föhn auf höchster Stufe. Die Kiste hat sich tapfer geschlagen, nur einmal ging der Temperaturanzeiger vom Kühlerwasser kritisch nach oben. Die einsamen Strände haben wir gefunden, geschwommen sind wir auch, wenn auch nicht in Bikini und Badehose (man weiß ja nie wer hinter der nächsten Sanddüne auftaucht). Zumindest hatte ich paar Kopftuch freie Tage. Und auch eine Werft, in der die alten Holzschiffe noch gebaut und repariert werden, haben wir besucht.

Als wir mal wieder durch das Nichts, der unendlichen Wüste am persischen Golf, fuhren und uns fragten ob und wie ein Leben in dieser bratenden Ödnis wohl möglich ist, sahen wir einen alten Jeep abseits der Piste, der im Sand feststeckte. Wie lange die beiden Männer schon versuchten das Auto mit Steinen unter den Reifen aus dem Sand zu befreien konnten wir wie so oft aus Mangel an gemeinsamer (zumindest verbaler) Sprache nicht eruieren, aber mir wurde sogleich ein kleines, durstiges Mädchen aus dem Auto gereicht, mit der offensichtlichen Bitte um Wasser. Nachdem wir den Jeep aus dem Sand gezogen hatten, luden sie uns zum Essen in ihr Dorf ein, das ein paar Kilometer weiter an der Küste lag. Das Familienhaus war voll klimatisiert, der Temperaturunterschied zu der Mittagshitze draußen bestimmt 25-30°C. Wir wurden aufgeregt und freundlich von der Familie empfangen, reichlich mit Speis und Trank versorgt, durften eine heiße Meerwasserdusche nehmen, und konnten uns gerade noch so aus einem fürsorglich verordneten Mittagsschlaf im elterlichen Bett bewahren. Eine Unterhaltung, über die universelle Zeichensprache hinaus, auf Englisch war so gut wie unmöglich, aber tatsächlich stellte sich bald heraus, dass ich mit meinem Arabisch mehr Erfolg hatte. Die Familie gehört zu den Bandaris, den ca. 3 Prozent der arabisch stämmigen Iraner aus dem Irak oder Saudi Arabien. Der Vater der Familie war Fischer, und ließ sich nicht davon abbringen uns zum Abschied eine Tüte voll Fisch, einen dicken roten Hummer und einen großen orangenen Seestern zu schenken. Und da wir nicht wussten wohin damit (Bert mag keinen Fisch, ich als Vegetarierin freilich auch nicht), haben wir später alles bis auf den schönen Seestern verschenkt.

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